Auf hohem Niveau

Renate W.Renate W. wohnt seit einem Jahr in der Senioren Residenz Josefstadt. Ein guter Zeitpunkt für ein Resümee: ein Jahr Wohlfühlen, ein Jahr Sicherheit. Etwas Besseres kann man über den wahrscheinlich letzten Wohnort nicht sagen.

Renate W. hat viel erlebt. Sie ist, so kann man sagen, ein Fass voller Geschichten, die ihr aufregendes Leben geschrieben hat und die sie gerne erzählt. Die Intensität der Vergangenheit hat natürlich nachgelassen, es ist ruhiger geworden, dennoch ist die Gegenwart der 89-jährigen Residentin nach wie vor erfüllt: von ihrer großen Familie samt Urenkeln, mit der sie intensiven Kontakt pflegt; von ihrem Interesse an Kunst, der sie in einem Malkurs im Kunsthistorischen Museum frönt; und von ihrem Engagement im Kindergarten, der in der Senioren Residenz Josefstadt angesiedelt ist und sie zu einem Mehrgenerationenhaus macht. „Ich bin dort die Vorleseoma und schon beinahe eine Institution. Das macht großen Spaß“, erzählt die kinderliebende Dame, die seit nunmehr gut einem Jahr Teil der Residenz-Gemeinschaft ist.

Wenn Renate W. auf dieses eine Jahr zurückblickt, dann fällt ihr ein Resümee ganz leicht: „Ich fühle mich sehr wohl, weil die Atmosphäre nicht nur der Räumlichkeiten, sondern auch in Bezug auf den Umgang der Menschen miteinander einfach passt. Und ich genieße das hohe und kultivierte Niveau der Residenten.“ Das ist ihr besonders wichtig und „das ist nicht überall so“, sagt die kultursinnige Frau aus eigener Erfahrung, da sie einige Jahre in einem anderen Senioren-Haus gewohnt hat. „Ich schätze die Weltoffenheit, der man hier begegnet.“

Wohlfühlen und Sicherheit zählen

Eine kosmopolitische Einstellung ist Renate W. in die Wiege gelegt. Als Tochter eines Kaufmanns aus Deutschland und einer russischen Immigrantin wurde sie in China geboren und wuchs dort bis zu ihrem achten Lebensjahr auf. Ihr Chinesisch ist schon verblasst, denn „wenn man eine Sprache nicht spricht, verliert man sie. Es sind nur noch Spuren übriggeblieben“, meint sie ein wenig wehmütig und gibt zugleich eine Kostprobe zum Besten. Ihre Erinnerungen an diese Zeit, die zahlreichen Erlebnisse und auch die lange Reise mit einem Frachtschiff nach Deutschland sind aber noch hellwach in ihr – und sie hat begonnen, die aufregende Familiengeschichte aufzuschreiben. Für die Generationen nach ihr.

Wer so viel erlebt hat, schätzt irgendwann einmal ein Gefühl der Sicherheit. Da blickt die rüstige Dame weniger zurück denn nach vorne: „Ich möchte das Leben genießen und dazu gehört auch, dass ich mich sicher fühle und der Familie nicht zur Last falle. Niemand soll sich verpflichtet fühlen. Das ist meine Art, die mir wichtige Selbstständigkeit zu erhalten“, betont sie.

Renate W. hat die Erfahrung gemacht, was es heißt, pflegebedürftig zu sein – bei ihrem vor 14 Jahren verstorbenen Mann ebenso wie bei ihrem Vater. „Das hat mich zu einem Sicherheitsdenken gebracht“, erklärt sie, die immer mit dem Rollator unterwegs ist, obwohl es den Anschein hat, dass sie ihn gar nicht braucht. „Der ist alt und noch von meinem Mann. Er gibt mir Sicherheit. Wir passen gut zusammen“, sagt sie schmunzelnd.

Als sie vor Weihnachten vergangenen Jahres an einer Grippe erkrankte, verbrachte sie einige Zeit in der Pflegeabteilung. „Es ist gut zu wissen, dass es diese Möglichkeit gibt“, sagt die lebensfrohe Frau, die auch ein Notrufarmband am Handgelenk trägt – „sicher ist sicher“, sagt sie.